Hausstaub lässt Wohnungen und Büros nicht nur unsauber erscheinen, sondern ist laut einer Untersuchung des Milken Institute School of Public Health häufig auch mit gesundheitsschädlichen Chemikalien belastet. Ami R. Zota, Co-Autorin der im Environmental Science & Technology publizierten Metastudie, erklärt, dass „es sich um die erste umfassende Analyse von Konsumprodukt-Chemikalien im Hausstaub handelt.“ Insgesamt haben die Wissenschaftler der George Washington University dafür Daten von 27 voneinander unabhängigen Studien ausgewertet, die die Chemikalienbelastung von Hausstaubproben aus 14 US-Bundesstaaten untersucht haben.
45 gesundheitsschädliche Chemikalien nachgewiesen
Gefunden wurden dabei 45 potenziell gesundheitsschädliche Chemikalien, die aus Plastik, Reinigungsmitteln, Kosmetikprodukten, Möbeln und anderen Quellen in den Staub gelangen. Das Natural Resources Defense Council (NRDC), eine gemeinnützige Umweltschutzorganisation, hat die zehn gefährlichsten und am häufigsten gefundenen Gifte veröffentlicht. Eine Untersuchung des Umweltbundesamt (UBA) kam zu ähnlichen Ergebnissen und belegt, dass die in den USA ermittelten Belastungen auch in Deutschland auftreten.
DEHP und DEHA wurden in allen untersuchen Hausstaubproben erkannt. Es handelt sich dabei um Weichmacher, die in unterschiedlichen Kunststoffprodukten wie PVC-Böden und Lebensmittelverpackungen enthalten sind. Die Gesundheitsrisiken der im Hausstaub gefundenen Phthalate sind laut des österreichischen Umweltbundesamts vielfältig. Neben dem Verdacht Krebs auszulösen, gelten die Weichmacher aufgrund ihrer hormonähnlichen Wirkung in der Medizin als endokrine Disruptoren. Studien fanden außerdem Hinweise darauf, dass Phthalate das Asthmarisiko von Kindern erhöht und bereits im Mutterleib zu geistigen Problemen und Entwicklungsstörungen von Babys beiträgt.
Gesundheit von Kindern besonders durch Hausstaub bedroht
Veena Singla, Co-Autorin der Studie äußert sich „schockiert über die Anzahl und Konzentration von giftigen Chemikalien, die wahrscheinlich in jedem unserer Wohnzimmer vorkommen.“ Am stärksten gefährdet sind dadurch Kleinkinder. Dies liegt einerseits daran, dass sie sich häufig am verstaubten Boden aufhalten als auch daran, dass sie besonders leicht von den potenziell giftigen und gesundheitsschädlichen Substanzen geschädigt werden können. Eine Entwarnung gibt es aber auch für Erwachsene, die ebenfalls über die Haut und Atemluft Chemikalien aus dem Hausstaub aufnehmen, laut den Wissenschaftlern nicht.
Neben der hohen Konzentration, die beispielsweise bei Phthalaten im Durchschnitt bei 7,7 Mikrogramm pro Gramm Hausstaub liegt, ist auch die Mischung der verschiedenen Chemikalien ein Problem. Dies liegt daran, dass die gesundheitsschädlichen Effekte sich aufgrund ihrer ähnlichen Wirkung addieren oder sogar multiplizieren können. Das geringe Gesundheitsrisiko einer einzelnen Chemikalie wird durch den Cocktail aus verschiedenen Belastungen also deutlich erhöht.
Regelmäßiges Staubsaugen reduziert die Belastung
Um die Konzentration schädlicher Substanzen im eigenen Haushalt zu reduzieren, empfehlen die Studienautoren regelmäßig den Hausstaub zu entfernen. Ob dabei ein Staubsauger mit Beutel oder ein moderner beutelloser Staubsauger genutzt wird, ist laut dem aktuellen Kenntnisstand der Wissenschaft nicht relevant. Wichtig ist hingegen der Einsatz eines hochwertigen Feinfilters im Staubsauger, der verhindert das eingesaugte Partikel wieder ausgeblasen werden und sich so noch weiter im Raum verteilen. Beim Kauf eines neuen Staubsaugers sollte aus diesem Grund darauf geachtet werden, dass ein sogenannten HEPA-Filter (High Efficiency Particulate Air) vorhanden ist.
Neben der Beseitigung des problematischen Hausstaubs können Verbraucher außerdem zum Teil durch die Auswahl entsprechender Produkte verhindern, dass Chemikalien in ihren Haushalt gelangen. Besonders bei Plastik- und Kunststoffprodukten, die besonders häufig belastet sind, ist dies aufgrund der unklaren Angaben für Laien aber oft kaum möglich. Robin Dodson, Co-Autor der Studie konstatiert, dass „Konsumenten die Macht haben nicht nur für ihre eigenen Gesundheit Veränderungen zu bewirken, sondern auch den Markt zu sichereren Produkten hinzubewegen.“
Hausstaubflora verrät Details zum Wohnumfeld
Eine weitere Untersuchung der University of Colorado in Boulder hat sich damit beschäftigt, welche Informationen die Zusammensetzung der Hausstaubflora über eine Wohnung liefert. Dazu haben die Wissenschaftler laut der im Fachmagazin Proceedings of the Royal Society publizierten Studie 1.100 Staubproben aus verschiedenen Regionen der USA analysiert, die ihnen im Rahmen eines Citizen Science Projekts zugeschickt wurden.
Zusätzlich zur Analyse auf Schadstoffe und Chemikalien, haben die Forscher um Studienleiter Albert Barberán mithilfe von Hochdurchsatz-Sequenzierern die Staubproben auf DNA-Sequenzen untersucht. Es sollte so herausgefunden werden, ob anhand der gefundenen Bakterien- und Pilzarten auf die geografische Lage der Wohnungen, die Außenwelt und die Bewohner sowie deren eventuelle Haustiere geschlossen werden kann.
Hunderte Bakterien und Pilze im Hausstaub
Wie Barberán berichtet „beherbergten alle Staubproben verschiedenste mikrobielle Gemeinschaften mit hunderten von einzigartigen Bakterien und Pilzarten.“ Neben Bakterien wie Staphylococcus oder Corynebacterium, die auf der Haut des Menschen leben, wurden auch unangenehme Funde wie Fäkalbakterien im Hausstaub gemacht. Laut Barberán „bestätigt das, dass Haut und Kot die wichtigsten Quellen für Bakterien im Hausstaub unserer Innenräume sind.“ Außerdem enthielt eine große Zahl der Staubproben Haushaltsschimmelpilze wie Aspergillus oder Fusarium sowie Lebensmittel-Schimmelpilze.
Grundsätzlich sind diese Bakterien und Pilze für gesunde Menschen unproblematisch, bei zu hohen Belastungen können sie aber die Entstehung von Allergien begünstigen. Aus diesem Grund empfehlen auch in diesem Fall die Studienautoren regelmäßig den Hausstaub zu beseitigen.
Geschlecht und Haustiere am Staub zu erkennen
Darüber hinaus zeigt die Art und Anzahl der Bakterien laut den Wissenschaftlern das Geschlecht der Bewohner. Sie berichtet, dass „die Hautbakterien Corynebacterium und Dermabacter häufiger im Staub von Haushalten mit weniger Frauen vorkamen.“ Dies liegt daran, dass Corynebakterien bei Männern in höherer Anzahl auf der Haut leben und dass Männer generell mehr Bakterien an ihren Wohnraum abgeben. In Frauenhaushalten wurden hingegen deutlich mehr Milchsäurebakterien entdeckt.
Auch das Vorhandensein eines Haustier lässt sich über die mikrobiellen Spuren im Hausstaub mit hoher Genauigkeit ablesen. Laut Barberán „lässt sich allein anhand der Bakterien im Innenraumstaub mit 92-prozentiger Genauigkeit vorhersagen, ob es im Haushalt einen Hund gab.“ Bei Katzen lag die Genauigkeit mit 83 Prozent nur unwesentlich niedriger. Ein Großteil der Bakterienarten stammt laut den Wissenschaftlern aus dem Mund und Kot der Tiere. Identifiziert wurden im Hausstaub 54 Bakterienarten, die für Hunde typisch sind sowie 24 Bakterienarten, die häufig in Haushalten mit Katzen auftreten.