In Zeiten des globalen Klimawandels ist es dringender denn je, Alternativen zu fossilen Energieträgern zu finden. Die Möglichkeiten, auf regenerative Energien umzusteigen, sind allerdings bislang begrenzt, da die notwendigen Technologien bislang nicht ausgereift sind, um die anstehenden Herausforderungen hinsichtlich Energiespeicherung, Überlandleitungen und zu geringer Sonnenscheindauer zu bewältigen. China geht deshalb einen anderen Weg: Die Volksrepublik arbeitet an dem ersten Weltraumkraftwerk, um sich die Energiequelle der Zukunft zu erschließen.
Strom aus dem Weltall ab 2030?
Wie die australische Zeitung "Sydney Morning berichtete" entsteht in der zentralchinesischen Stadt Chongpqng derzeit das bislang erste Solarkraftwerk, das vom Weltraum aus Energie auf die Erde liefern soll. Bereits vom Jahr 2021 an sollen kleine Prototypen in die Umlaufbahn geschossen werden, um dort Strom zu erzeugen. Im Jahr 2030 wird dann, wenn alles planmäßig verläuft, das erste große Kraftwerk folgen. Bis 2050 soll die Anlage schließlich komplett sein und mehr als ein Gigawatt saubere Solarenergie zur Erde senden können - und das unabhängig von der Tageszeit oder der Wetterlage.
Technik bereits vorhanden
Auch wenn die Pläne utopisch klingen, stehen die für das Vorhaben notwendigen Technologien bereits seit geraumer Zeit bereit. Solarpaneele versorgen schon heute die Internationale Raumstation zuverlässig mit Energie. In einer stabilen Umlaufbahn um die könnten auch deutlich größere Solaranlagen Strom produzieren, wobei die Energieausbeute sehr viel größer als auf der Erdoberfläche wäre, da keine Atmosphäre vorhanden ist, die störend wirken könnte. Um die Energie auf die Erdoberfläche zu übertragen, müsste sie lediglich in dem Weltraumkraftwerk in Laser- oder Mikrowellenstrahlung umgewandelt werden, die dann gebündelt von entsprechenden Empfangsantennen auf der Erde aufgefangen wird.
Mikrowellenstrahler - Die Lösung für die Energieübertragung?
Bereits in den Sechzigerjahren entwickelten amerikanische Forscher die Grundlagen für zukünftige Solarkraftwerke im Weltall und starteten auch erste praktische Versuche. Der Nachweis, dass die Energieübertragung mittels Mikrowellenstrahlung möglich ist, gelang im Jahr 1975, als bei einem Experiment in der Mojave-Wüste ein Teleskop mit einem Mikrowellenstrahler ausgestattet wurde. Damit gelang es, Energie zu einer 1,5 km weit entfernten Empfangsstation zu übertragen. Auch wenn diese Technologie lange Jahrzehnte eher niederschwellig weiterentwickelt wurde, ist sie inzwischen grundsätzlich einsatzreif. Die Sicherheit von Mensch und Umwelt kann dabei heutzutage selbstverständlich ebenfalls gewährleistet werden. Lediglich die Kosten und die genaue Ausgestaltung dürften noch ein Problem darstellen, da die benötigten Anlagen ebenso wie die Übertragungswege um ein Vielfaches größer sind als bei den bislang getesteten Modellen.
Drei Möglichkeiten der Stromübertragung
Für welche technische Lösung sich die Chinesen entschieden haben, ist bislang nicht bekannt. Grundsätzlich bestehen drei Möglichkeiten. Bei der ersten Variante kommt eine einzige, extrem großflächige Photovoltaikanlage zum Einsatz, die sich in einer geostationären Umlaufbahn befindet. Mit ihren Sonnensegeln wandelt sie das auftreffende Sonnenlicht in Strom um, der wiederum in einem zentralen Bauteil in Mikrowellenstrahlung verwandelt wird. Diese wird dann zur Erdoberfläche geschickt und einer dort befindlichen Station, der sogenannten Rectenna, aufgefangen. Diese wandelt die Mikrowellen in Strom um und speist sie in das Energienetz ein.
Die zweite Variante ähnelt der ersten hinsichtlich des grundsätzlichen Aufbaus und insbesondere der Sonnensegel. Statt Mikrowellenstrahlung wird allerdings Laserstrahlung erzeugt und a die Erdoberfläche weitergeleitet. Eine optische Rectenna kann dann das Laserlicht in Strom umwandeln.
Schließlich könnte sich China auch noch für eine dritte Variante entscheiden, die nach dem Sandwich-Prinzip funktioniert. Dabei verfügt die Anlage über zwei sich gegenüberliegende große Spiegelflächen, die das Sonnenlicht auffangen und zwischen sich konzentrieren. In diesem zentralen Bereich befinden sich Solarzellen, die das gebündelte Licht in Strom umwandeln könne. Zur Erde übermittelt wird die Energie bei diesem System mit Mikrowellen.
Auch die USA, Japan und Russland forschen und entwickeln
Selbstverständlich bleiben auch andere Nationen nicht untätig. In den USA werden derzeit am California Insitute of Technology kleine Solarkacheln für die Energieerzeugung im Weltraum entwickelt, die später zu einer großen Solaranlage zusammengesetzt werden sollen. Ein erster Prototyp wurde bereits 2018 vorgestellt. Für ein quadratisches Kraftwerk mit einer Kantenlänge von drei Kilometern würden fast eine Milliarde dieser Kacheln verarbeitet. In dem notorisch energiehungrigen Japan, das kaum natürliche Ressourcen besitzt, wird ebenfalls an der Entwicklung von Raumkraftwerken gearbeitet, und ähnliche Berichte sind inzwischen auch über Forscher in Russland zu finden.
Rohstoffgewinnung für den Bau ist direkt im Weltall möglich
Da der Materialtransport der größte Kostenfaktor ist, wird derzeit auch an innovativen Möglichkeiten zur Rohstoffgewinnung direkt im Weltall gearbeitet. Als Rohstofflieferanten kommen dabei erdnahe Asteroiden infrage, die mithilfe von Robotern nutzbar gemacht werden sollen. Mit 3D-Druckern könnten dann die benötigten Bauteile in freien Raum hergestellt werden. Auch für die Montage würde in diesem Fall auf Roboter gesetzt. Sollte es gelingen, Solarkraftwerke im Weltall zu bauen, statt sie mit Raketen in die Erdumlaufbahn zu befördern, könnte der damit erzeugte Strom preislich problemlos mit fossilen Energieträgern konkurrieren können.